Rundbrief Dezember 2019

Zuversicht – Das gefestigte Urvertrauen

In seinem Vortrag „Urangst – Urvertrauen – Urglauben“, den der Psychiater Balthasar Staehelin (1923 – 2005) im Jahre 1983 in Ascona gehalten hat, zeichnete er ein pathologisches Bild der Moderne: „…dass mit dem naturwissenschaftlichen Prinzip allein die Angst des Menschen, des Patienten, des Arztes nicht genügend behoben werden kann. Angst, Unsicherheit, Geborgenheitsverlust, Mangel an Urvertrauen bilden die weitaus häufigste Krankheitsursache im Bereich der psychogenen und psychosomatischen Erkrankungen.“

Besonders nachdenklich stimmt daher ein aktueller Zeitungsbericht vom November 2019, der in die seelischen Abgründe der infantilen Not hineinleuchtet: „Tausende Schüler leiden an Depressionen.” Eine neue Studie der DAK-Krankenkasse zeigt auf, dass „265.000 Kinder und Jugendliche mit Depressionen oder Angststörungen kämpfen“. Die Depression ist zu unserer Volkskrankheit geworden. Das Bedenkliche, das in der Stimmung depressiv Betroffener schwelt, ist sein Verborgensein, seine oftmals mit Schamgefühlen bedeckten Symptome. Diese Beobachtung führt der Züricher Psychiater Daniel Hell in seinem Standardwerk „Welchen Sinn macht Depression?“ aus. Er schreibt: „Depressionen spielen sich im Verborgenen ab. Sie gehören zur dunklen Seite des Lebens. Oft sind sie von außen nur unscharf wahrnehmbar. Selbst schwere Leidensformen können übersehen werden. Wer aber das drückende Gewicht von Depressionen erfahren hat, weiß um ihre Macht – und wird sich zur Wehr setzen wollen.“

Je tiefer unsere seelische Not ist, desto mehr sehnen wir uns nach Zuwendung und Geborgenheit. Dem Neugeborenen wird dieses Grundgefühl eines Beheimatetseins in sein Wesensinneres gelegt. Es heißt Urvertrauen. Gemeinhin versteht die Persönlichkeitsforschung unter „Urvertrauen“ ein elementares Gefühl der Geborgenheit in sich selbst und im Leben. In den späteren Jahren begreifen wir Urvertrauen als das Überzeugtsein vom Sinn unseres Daseins. Wenn sich das Urvertrauen herangebildet hat, wird es zum Fundament von Vertrauen und Selbstvertrauen. Wer sich selbst vertraut, traut auch den Angeboten des Lebens an ihn. Er wird zu einem handelnden Menschen, der sich vom Leben herausfordern lässt. Aus der täglich vollzogenen Lebenspraxis schließlich steigt die emotionale Säule der Zuversicht empor.

Was meint nun „Zuversicht“ als hoffnungsvolles Erleben des Urvertrauens? Sie ist die in unserem Innenleben beinahe unerschütterlich gewordene Vollendung unserer Selbst- und Lebensbejahung. Der zuversichtliche Mensch empfängt Kraft aus seinen Seelenräumen, er wird in der Verzweiflung von Trost begleitet; er sieht nach krisenhaftem Erleben das – wenn auch schwache – Licht des Neubeginns. Selbst in Enttäuschungen und scheinbar sinnentleerten Geschehnissen erblickt er noch und immer wieder die „Hand des Schicksalhaften“, die ihn sanft dem Kommenden entgegenführt. Viktor Frankl (1905 – 1997), der österreichische Neurologe und Begründer der Logotherapie, musste mehrere Jahre in deutschen Konzentrationslagern verbringen. Seine Zuversicht in das Künftige war ungebrochen. Seine Ermunterung für alle Leidenden fasst er in den Appell: „…trotzdem Ja zum Leben sagen!“

Der zuversichtliche Mensch versinkt nicht in einer düsteren Lebensatmosphäre, seine Ausstrahlung erwärmt die Mitmenschen. Seine Zuversicht ist sinngebunden und erfüllt deshalb auch sein Dasein mit Sinnvollem. Der Glaube an den Wert des Lebens wird für ihn zur Gewissheit, das eigene Selbstsein als Erfüllung eines Lebensauftrages zu begreifen. In der „Zauberwelt der Zuversicht“ (Drewermann) haben wir eine Verpflichtung zu beachten: Uns selbst niemals zu verlieren, sondern unser Innewohnen als Gefühl des Heilseins zu bewahren.

Unsere Veranstaltungen basieren letztlich auf dem Prinzip der Zuversicht. Diese innere Stärke im Einzelnen wachzurufen, ist uns ein zutiefst menschliches Anliegen.

Zitat aus unseren Seminarinhalten

„Erst die Vielfalt kommunikativer Erfahrungen verleiht dem Führenden Souveränität in seinen Auftritten!“

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