Es scheint so, als hätte das gegenwärtige gesellschaftliche Bewusstsein das Phänomen „Krise“ seiner wesensimmanenten, nämlich therapeutischen und reinigenden, Funktion beraubt. Sagt uns noch die Übersetzung aus dem Altgriechischen, dass „krisis“ vor allem „Entscheidung“ bedeutet – so wird der Wert der aktuellen Krise zu einem geradezu luststeigernden Erlebnis pervertiert. Diese Perversion besteht besonders darin, den Aufforderungscharakter der Krise durch den häufigen kollektiven und inzwischen oberflächlichen Sprachgebrauch erheblich geschwächt und ihm den Nimbus des Abgegriffenen übergestülpt zu haben. Die Krise ist zwar materiell spürbar, aber ihr Wesensinneres ist erloschen, ist nahezu bedeutungsleer geworden. Die noch profanere Perversion wird darin sichtbar, die Krise gar als einen Abwehrmechanismus, als ein seelisches Versteck zu missbrauchen, um sich jeglichen Veränderungen – z. B. dem Verzichten – zu entziehen. Letztlich aber fordert die Krise doch zur Eigeninitiative auf und nicht zur Rechtfertigung für ein antriebsschwaches Untätigsein. Der weithin neurotisierte, ängstliche Zeitgeist hat nun sogar die Krise in die Knie gezwungen. Wie schade!
Zitat aus unseren Seminarinhalten:
„Persönlichkeitsentwicklung gelingt nur demjenigen, der sie sich ernsthaft wünscht!“