Rundbrief Oktober 2019

Institutionalisierte Wertschätzung – Die falsch verstandene Geste

Der österreichische Psychiater und Neurologe Reinhard Haller („Die Narzissmusfalle“) sagte kürzlich in einem Interview Folgendes: „Man schickt die Leute auf teure Führungsseminare, wo ihnen irgendwelche Gurus irgendetwas einflüstern, wie man loben muss, statt dass sie zum einfachsten und wirksamsten Mittel greifen, nämlich authentische Anerkennung, Lob und persönliche Zuwendung den Menschen entgegenzubringen.“

Zwar wissen wir, dass egozentrierten Persönlichkeiten das Loben nur schwer über die Lippen kommt, solange sie selbst nicht ebenfalls von einem Lichtstrahl gestreichelt werden. Doch auch an einer vermeintlich gern ausgesprochenen Wertschätzung klebt der Eigendünkel des Hierarchischen, der diesen Akt der Zuwendung erst großzügig ermöglicht. Im Zeitalter des Narzissmus bleibt die Wertschätzung vorwiegend auf die eigene Person konzentriert.

Glaubwürdig wertschätzen kann nur derjenige, der von einem hinreichend entwickelten Selbstwertgefühl getragen wird. Seine psychische Autonomie befähigt ihn, unspekulativ und erwartungsfrei zu kommunizieren. Drehen aber die bedrohlichen Modalverben „sollen“ und „müssen“ an den sozialen Gewinden, besteht die Gefahr, dass die so vorgegebenen Muster das Phrasenhafte zur Norm erheben. Denn wo bleibt die menschliche Wärme, wenn die Wertschätzung zu einem Strukturelement in einem standardisierten Mitarbeitergespräch degradiert wird? „Ach ja, ich wollte Ihnen noch sagen, dass ich im letzten halben Jahr mit Ihrer Arbeit sehr zufrieden war.“

Wer keine empathischen Fähigkeiten ausbilden konnte und wo Empathie zu einem Fremdkörper verkommen ist, dort fehlt auch die Herzlichkeit und milde Güte einer wohlwollenden Fremdfürsorge. „Sie müssen Ihre Mitarbeiter mehr loben, dann sind sie besser motiviert!“ Welch armselige Führungskultur! Solche unsinnigen Empfehlungen infantilisieren und demütigen den Anderen nicht nur, sondern sie kränken ihn auch, indem sie sein sittliches Personsein ignorieren. Zudem offenbaren sie die Peinlichkeit und Hilflosigkeit, mit Emotionen souverän umgehen zu können. Unsichere Führende schematisieren daher ihre Verhaltensweisen, weil ihnen die Routine des Schematischen vermeintlich Sicherheit vermittelt. Das Schematische als Handlungsmerkmal aber erstickt dauerhaft jegliche Vertrauensbildung! Deshalb gilt weiter: Wo die eigenen empathischen Fähigkeiten unentwickelt geblieben sind, kann sich keine innere Stärke heranbilden.

Wie also löst sich die institutionalisiert erstarrte Wertschätzung auf?

Nun, menschliche Begegnungen leben zunächst von der Würdigung des habituellen Erscheinungsbildes des Anderen. Das Gestalthafte in seinen körperlichen Konturen wahrzunehmen, ist der Beginn von Zuwendung. Begleitet von Achtsamkeit, öffnen sich die „geistigen Poren“ füreinander und drängen zum Gespräch. Das alles aber geschieht situativ, spontan, ungeplant, dem Augenblicklichen hingegeben, eben in jener Weise, die das Dialogische anzubieten vermag. Wertschätzung bedeutet ja auch immer, das Sein des Anderen zu wollen. (Aristoteles) Deswegen liegt im menschlichen Miteinander schlechthin auch die Hoffnung, dass jeder Einzelne die Chance erhält, sich von einem Du angenommen zu fühlen.

Genau dieses Erlebnis halten unsere Seminare für die Teilnehmenden bereit.

#Rhetorik – Unser neues Buch beim Handelsblatt

In wenigen Wochen wird beim Handelsblatt Fachmedien Verlag unser neues Buch “#Rhetorik – Ein Handbuch für alle, die etwas zu sagen haben” erscheinen. In rund 50 Stichworten hat Alexander Kirchner die Essenz der praktischen Rhetorik zusammengefasst. Neben fundierten Artikeln zu dem zeitlosen Thema der Rhetorik erhält das Buch viele Übungen, wie man seine Rhetorik verbessern kann. Das Buch ist in einem lockeren und modernen Ton geschrieben, und es richtet sich an Führungskräfte, Unternehmensberater und all jene, die souverän auftreten wollen. Obgleich es bereits zahllose Bücher zu dem Thema gibt, haben wir zusammen mit dem Handelsblatt erstmals ein neues Format definiert: Denn der Leser erhält mit dem Buch Zugang zu einer eigenen Lern-App (auf iOS-Basis). Die App vertieft die Übungen aus dem Buch und fasst die wichtigsten Stichwörter zusammen.

Sobald Buch und App lieferbar sind, informieren wir Sie nochmals. Der Preis wird bei etwa 40 Euro liegen. Weil einige Teilnehmer schon gefragt haben: Wenn Sie für sich oder Ihre Mitarbeiter ein signiertes Exemplar wünschen, schicken Sie uns bitte eine E-Mail an info@kirchner-seminare.de.

Zitat aus unseren Seminarinhalten

„Niemandem darf das menschliche Antlitz genommen werden!“

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