Rundbrief November 2017

Das Fremde in uns

In seinem Roman „Der Fremde“ schildert der französische Nobelpreisträger Albert Camus (1913 – 1960) das Psychogramm eines Menschen, den seine entpersönlichte Gleichgültigkeit zu destruktivem Handeln verführt. „Dann schoss ich noch viermal auf einen leblosen Körper, in den die Kugeln eindrangen, ohne dass man es sah.“ Den jungen Algerienfranzosen, namens Merseult, berühren die Ereignisse und Themen der Welt nicht, weil er zu ihnen keine emotionale Beziehung besitzt. Hierin liegt wohl das seelisch Bedeutsamste dieser Romangestalt: eine Persönlichkeitsstruktur zu verkörpern, der das empathisch-nahe Erleben in ihrer psychischen Entwicklung verwehrt wurde. In der menschlichen Seelenlandschaft finden wir diesen Verlust des Mitgefühls überall dort, wo dem Kindsein das eigene emotionale Erleben untersagt wurde. Der Psychoanalytiker Arno Gruen (1923 – 2015) sagt in seinem Buch „Der Verlust des Mitgefühls“: „ Die Frage nach dem Mitgefühl des Menschen ist die Frage nach seinem Menschsein, seiner Identität. Es ist zugleich die Frage, mit wieviel Schaden an Körper und Seele er noch an seinem Menschsein festhalten kann.“

Gefühlsblindheit oder auch das Schweigen der Seele wird in der Psychoanalyse als „Alexithymie“ bezeichnet. Der alexithyme Mensch steht emotionalen Herausforderungen sprach- und hilflos gegenüber. Als Führender ist er dort erfolgreich, wo keine emotionalen Erwartungen an ihn gerichtet sind. Wenn die Seele schweigt, finden auch die Gespräche seelenlos statt, da der Alexithymiker für sich selbst zu einem sachlichen Gegenstand geworden ist.

In Abwandlung des Titels von Arno Gruen „Der Fremde in uns“ beobachten wir, als Erfahrung aus unseren Veranstaltungen und Begegnungen, dass „Das Fremde in uns“ das emotional verborgen Gebliebene, das eigentlich Eigene ist, das gelegentlich zu Tage tritt. Noch einmal Arno Gruen: „…Menschen unterdrücken das Eigene. Sie verwerfen ihre eigene Sicht, ihre Empathie, ihre Empfindungen, weil man ihnen beigebracht hat, dass diese verachtenswert, idiotisch, minderwertig sind. Man hat ihr Eigenes zum Fremden gemacht, für das sie sich schämen und das sie deshalb abspalten und bestrafen müssen. So wird unsere Menschlichkeit zum Feind, der unsere Existenz bedroht und der überall – in uns selbst wie auch in anderen – bekämpft und vernichtet werden muss.“

Unsere persönlichkeitsorientierte Arbeit ist ein Angebot, das im Wesensinneren möglicherweise abhanden Gekommene aufzuspüren, das fremd Gewordene wiederzufinden und das bewusst Verspürte in den Lebensalltag zu integrieren und zu stärken. So führen wir den Einzelnen zu sich selbst, um seine Authentizität und seine Glaubwürdigkeit erkennbar werden zu lassen. Nur wer um sein Inneres weiß, kann seine Identität, sein Eigenes gestaltend leben! Erst im Bewusstwerden seines tiefen Menschseins können Nähe und Vertrauen als tragfähige Fundamente heranreifen. Wer diese Erkenntnisse in seine Führungskultur einbettet, der wird seine Dialoge mit wahrhaft menschlicher Autorität und vertrauenswürdiger Akzeptanz führen.

DailyCoach im AppStore

Nachdem wir die letzten technischen und juristischen Hürden genommen haben, freuen wir uns, dass unsere App “DailyCoach” seit einigen Wochen im AppStore von Apple verfügbar ist. Mit dieser App unterstützen wir die Teilnehmer unserer Veranstaltungen darin, die Präsenz-Phase durch App-based Learning zu verbessern. Denn oftmals stellen sich die Teilnehmenden nach dem Seminar die Frage: Wie arbeite ich nun konsequent an meinen spezifischen Themen? Und da ein realer Coach nicht immer greifbar oder bezahlbar ist, hilft der virtuelle DailyCoach.

Kommt der DailyCoach bei firmeninternen Veranstaltungen zum Einsatz, werden beispielsweise die Teilnehmer eines Teamworkshops täglich an ihre getroffenen Team-Vereinbarungen erinnert. Das funktioniert meist besser als ein Fotoprotokoll, das in der Schublade verschwindet. Oder Nachwuchsführungskräfte erhalten Hinweise, wie sie ihre neue Herausforderung erfolgreich meistern. Sowohl gesamte Kurse als auch einzelne Lernfelder stehen dem User zur Auswahl.

Um die App zu nutzen, müssen Sie sich zunächst über unser Sekretariat freischalten lassen. Sprechen Sie uns also bitte an, wenn Sie Interesse an der App haben oder sich eine Präsentation in Ihrem Unternehmen wünschen.

Zitat aus unseren Seminarinhalten

„Die Tiefe der Zuwendung, die ein Mensch erfährt, bestimmt den Grad der Wahrnehmung seines eigenen Selbst.“

Weitere Rundbriefe

Die Stille im Denken

Neun Monate ist es inzwischen her, dass Baldur Kirchner, der Begründer unseres Instituts, verstorben ist. Neun Monate, in denen wir ...

Traurige Nachricht

Leider müssen wir Ihnen heute die traurige Nachricht überbringen, dass Baldur Kirchner am 17. April im Alter von 83 Jahren ...

Verschmutzung im Wesensinneren

In einem Interview über das seelische Verletztsein eines Volkes zeichnet der Philosoph Peter Sloterdijk ein knappes Psychogramm dieses Traumas. Er ...

alle Rundbriefe

Kontaktieren Sie uns

Wir helfen gerne weiter

Sandra Dombrowski

Sandra Dombrowski

Leiterin Seminarorganisation

info@kirchner-seminare.de

0821 - 99 88 30 85

Wir sind Montag bis Donnerstag von 8:30 bis 17:00 Uhr für Sie da.

Standort

Kirchner-Seminare GbR

Zeugplatz 7

86150 Augsburg

Ihre Nachricht an uns