Rundbrief Oktober 2015

Auto-Nomie

Die jüngsten Ereignisse in der Automobilbranche haben uns und viele Millionen Anderer sehr erschreckt und betroffen gemacht. „Alles wird zum Ausdruck eines Überlebenskampfes, dessen Ziel es ist, nicht abgewertet zu werden und vor allem nicht zu versagen.“ Dieses Zitat des Psychoanalytikers Arno Gruen scheint zu den Geschehnissen der letzten Wochen zu passen, drückt es doch die Motive und Nöte von so manchem Manager bei seiner Entscheidungsfindung aus. Hinter dem (über-ehrgeizigen) Streben nach Marktbeherrschung lauert nicht selten die Angst vor einem persönlichen Profilverlust.

Aufgeschreckt sind wir aber auch, weil durch einen solchen Skandal der ethische Wesenskern des Phänomens „Autonomie“ berührt und beschädigt wird. Statt einer autonomen Entscheidung kommt es im Zielkonflikt zwischen Rentabilität und Umweltschutz zu einem „schizoiden Manöver“ (Silverberg 1947): Wer sich gegenüber seiner Außenwelt als hilflos empfindet, negiert sie und versucht zugleich, sie zu beherrschen. Der wirklich autonome Mensch jedoch kennt auch seine Begrenztheit, ja, er spürt eine subtile Form von Demut, die ihm zu einem offenen Blick für seine Lebensrealität verhilft. Er weiß auch, wann ihn der gefährliche Wunsch nach Herrschen überkommt und wehrt ihn durch die ihm vertraut gewordene Selbstreflexion ab. Nicht zuletzt bedenkt er die Mahnung der Führungsethik: Wer manipuliert und lügt, schafft eine brüchige Hierarchie, unter der er sich schließlich selbst begräbt!

Die Etymologie von „Autonomie“ (Selbstständigkeit, Selbstverantwortung, Eigenantrieb, Ichstabilität) verrät, dass es sich um eine psychische Dimension handelt, die das Selbst der menschlichen Persönlichkeit in einen Handlungsrahmen einbettet und sie befähigt, ihr seelisches Wachstum fundamental zu fördern.

Autonomie im Sinne der Persönlichkeitsbildung meint also zuerst jenen Zustand, „in dem ein Mensch in voller Übereinstimmung mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen“ lebt (Arno Gruen). Nicht jedoch – und diese Interpretation finden wir allzu oft in Führungskreisen – bezeichnet Autonomie das Behaupten der eigenen Wichtigkeit und des persönlichen Prestiges. Wer über ein hinreichend entwickeltes Selbstwertgefühl verfügt, beabsichtigt ohnehin nicht, sein „Beweisen-Müssen“ in den Mittelpunkt seiner Interaktionen zu rücken!

Wir möchten mit unseren Veranstaltungen einer Fehlbetrachtung der persönlichen Autonomie begegnen. Die Zerrbilder der eigenen Identität führen oft zu einer Belastung im Zwischenmenschlichen. Eine überzeugende Führungskultur aber stellt die Weichen zu einem Menschsein, das sich der Autonomieentwicklung in würdevoller Weise widmet. Es ist ein Hinführen zur eigenen emotionalen Erlebnisfähigkeit. Dazu gehört die Erfahrung einer konstruktiven Streitkultur ebenso wie die sprachlich sichere Dialoggestaltung.

Es ist die Absicht unserer Arbeit, das Erleben von Emotionen vom Vorurteil der Irrationalität zu befreien – hin zu einer empathischen Wahrnehmung des Miteinanders in der Gruppe. Denn Autonomie und Authentizität bilden das Fundament für eine souveräne Kommunikation!

Wer am weiteren Gelingen seiner sozialen Performance, seiner sprachlichen Gestaltungskraft und seiner Konfliktkompetenz arbeiten möchte, findet in unseren Seminaren ein anspruchsvolles Angebot.

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